Tobias Knechtle ist seit 2014 CFO der Valora Group und wurde Anfang dieses Jahres mit dem Titel «CFO of the Year» in der Kategorie CFO Forum Schweiz ausgezeichnet. Das Center for Corporate Reporting (CCR) hatte die Gelegenheit, sich mit Herrn Knechtle über seine Auszeichnung, seine Fokusthemen sowie über Team- und Unternehmenskultur auszutauschen.
Herr Knechtle, herzliche Gratulation zur Auszeichnung «CFO of the Year» in der Kategorie CFO Forum Schweiz. Was bedeutet Ihnen dieser Titel?
Er ist primär eine Auszeichnung für die gesamte Valora Gruppe. Wir haben es in den letzten Jahren geschafft, mit einer überzeugenden Strategie und mit einer klugen Finanzierung viel Glaubwürdigkeit aufzubauen. Er bedeutet mir aber auch persönlich sehr viel, denn er bestätigt mich in meinen Werten. Ich war und bin überzeugt davon, dass man durch eine neugierige Haltung, Leidenschaft und Tatendrang alles erreichen kann. Ich habe mich immer bemüht, Stellen mit Gestaltungsspielraum anzutreten, möglichst breit Erfahrungen zu sammeln, mich nicht zu scheuen, Fragen zu stellen und von den Persönlichkeiten um mich herum zu lernen.
Sie sind seit fünf Jahren CFO bei Valora. Wo manifestieren sich die Ergebnisse Ihrer Arbeit am stärksten? Wo liegen Ihre Fokusthemen im Hinblick auf die nächsten fünf Jahre?
Am offensichtlichsten und zugleich am wichtigsten ist der Wandel von Valora, «der ewigen Baustelle», zu einem fokussierten Marktführer im Bereich Foodvenience. Dies ist uns durch das Setzen ambitionierter Ziele, einen klaren Fokus auf das Kerngeschäft sowie gezielte Akquisitionen gelungen. Dadurch konnten wir das Vertrauen unserer Aktionäre zurückgewinnen, was uns den Weg in die Zukunft ebnet.
Der Fokus auf das Foodvenience-Geschäft bleibt auch in den kommenden Jahren bestehen. Mit unserem Netzwerk an kleinflächigen Retail- und Food-Service-Formaten – wie etwa avec, k kiosk, Brezelkönig und Caffè Spettacolo – und unserer Produktion von Laugenbackwaren für Abnehmer weltweit verfolgen wir eine klare Wachstumsstrategie, organisch und falls passend auch durch Übernahmen. Unsere langfristig ausgelegte Finanzierungsstruktur erlaubt uns dies.
Im Gewinnerporträt betonen Sie, dass Team- und Unternehmenskultur wichtige Erfolgsfaktoren sind. Wie würden Sie die Kultur bei Valora beschreiben?
Unkompliziert, offen, schnell und ehrgeizig. Unser Managementteam ist geprägt von Personen, die der Konkurrenz immer einen Schritt voraus sein wollen, viel Wert auf hohe Qualität legen und Herausforderungen gemeinsam mit Elan anpacken. Wir wollen flache Hierarchien leben und verfügen über eine sehr starke Sparringkultur. Damit versuchen wir, uns gegenseitig herauszufordern und weiterzubringen. So macht Arbeiten Spass!
Ist für Sie die Unternehmenskultur auch ein Argument, mit dem Sie Talente vom Arbeitgeber Valora überzeugen?
Auf jeden Fall. Wer bei uns arbeitet, geniesst viel Vertrauen und Freiheiten. Wir möchten Mitarbeitende, die mit Herz und Verstand bei der Sache sind, Verantwortung übernehmen, sich voll einbringen und die Verwirklichung unserer Vision vorantreiben wollen. Gleichzeitig legen wir grossen Wert auf die Förderung und Weiterbildung unserer Mitarbeitenden. Valora ist in einem anspruchsvollen internationalen Umfeld ein sehr attraktiver Arbeitgeber.
Ein grosses Thema in Ihrem Geschäftsmodell ist die Digitalisierung. Im Frühling 2019 eröffnet Valora die erste «avec box» – ein Ladenkonzept, das ohne Kasse auskommt. Kaufen wir bald nur noch von Robotern?
Der technologische Fortschritt wird auch in der Schweiz zu Veränderungen in der Branche führen. Wir sehen das als grosse Chance, unseren Kunden ein noch praktischeres und flexibleres Einkaufserlebnis mit deutlich längeren Öffnungszeiten und an neuen Standorten bieten zu können. Das bedeutet nicht, dass es bei Valora künftig gar kein Kassenpersonal mehr geben wird, denn wir möchten auf die Wünsche all unserer Kunden eingehen. Durch das Angebot neuer Bezahlmöglichkeiten wie Self-Checkout oder Self-Scanning in verschiedenen Formaten berücksichtigen wir unterschiedliche Kundenbedürfnisse und bieten jedem die Möglichkeit, in seinem Tempo und nach seinem Gusto einzukaufen.
Valora setzt mit diesem «Hightech-Shop» ein starkes Zeichen für die Digitalisierung. Welche Folgen hat der Trend zur Automation für interne Prozesse und Strukturen?
Die Digitalisierung bietet zahlreiche Chancen bei der Verbesserung der Kundenerlebnisse, beim Service oder auch bezüglich neuer Dienstleistungen. Sie beschleunigt aber auch die Zyklen und verlangt mehr Geschwindigkeit bei internen Prozessen. Hier haben wir sicher noch Arbeit vor uns. Auch sind flexible Strukturen wichtig und eine Organisation muss agil sein, um rasch auf neue Entwicklungen und Bedürfnisse eingehen zu können. Ich bin beispielsweise sehr stolz, wie wir in nur fünf Monaten den kompletten Relaunch unseres Convenience-Formats avec geschafft haben. Das ist eine unglaubliche Teamleistung.
Sie fahren regelmässig mit Ihrem Longboard an Meetings. Bei welcher Aufgabe ist von Ihnen als CFO «Höchstgeschwindigkeit» gefordert?
Höchstgeschwindigkeit allein bringt nichts. Klar, wir müssen schnell sein, die Trends früh aufspüren, auf Marktveränderungen rasch reagieren und entscheiden, was wir wie umsetzen wollen. Aber es braucht auch Präzision und – typisch schweizerisch – Qualität. Der richtige Mix macht den Erfolg aus.
Und zum Schluss: Sie beschreiben sich selbst als eine Person, die gerne neue Herausforderungen sucht – womit beschäftigen Sie sich aktuell in Ihrer Freizeit am liebsten?
Besonders wichtig sind mir meine drei Söhne – alle im Teenageralter. Sie stellen mich immer wieder vor Herausforderungen, beispielsweise das Arbeiten an meinen Downhill Skills, um auf dem Bike weiterhin mit ihnen mithalten zu können. Gar nicht so einfach ... Grosse Freude bereitet mir auch das Boxtraining, das mich sowohl mental als auch physisch sehr fordert. Es gibt mir aber auch unglaublich viel Energie und Ruhe. Und dann habe ich kürzlich angefangen, Ukulele zu spielen. Einfach für mein Gemüt.
Nach dem Studium der Betriebswirtschaft an der Universität Bern arbeitete Tobias Knechtle in mehreren internationalen Unternehmen. Von 2009 bis 2014 war er Senior Vice President Finance bei der Kudelski Group. Seit 2014 ist er Mitglied der Konzernleitung und CFO der Valora Gruppe. In dieser Funktion ist er auch zuständig für Business Transformation, Human Resources, Investor Relations und die M&A-Aktivitäten.