Wenn schon Nachhaltigkeitsberichterstattung, dann richtig. Swiss Prime Site hat in wenigen Jahren den Schritt vom Nachhaltigkeitsbericht zum integrierten Bericht gemacht und gleichzeitig eine Art «Online first»-Strategie umgesetzt. Nachhaltigkeit gibt seither in der Unternehmenskommunikation den Takt an – was die Berichterstattung erleichtert.
mit Mladen Tomic (Head Group Communications) und Martin Pfenninger (Head Group Sustainability)
Was ist der Stellenwert des Themas Nachhaltigkeit und – damit verbunden – was ist der Stellenwert des Nachhaltigkeitsreportings bei Swiss Prime Site?
Tomic: Nachhaltigkeit ist heute eine Top-Priorität für das Unternehmen. Die Bedeutung hat in den letzten Jahren stetig zugenommen. Nicht nur in der Kommunikation, sondern vor allem auch in den Projekten, die wir bearbeiten. Es finden sich immer mehr Nachhaltigkeitsprojekte in unserem Entwicklungsportfolio.
Pfenninger: Nachhaltigkeit muss heute in die Geschäftsprozesse integriert werden. Das widerspiegelt sich dann in der Berichterstattung. Ganz konkret sind wir davon weggekommen, einen separaten Nachhaltigkeitsbericht zu schreiben, sondern haben uns entschieden, einen integrierten Bericht zu erstellen.
Bedeutet die Umstellung auf einen integrierten Bericht auch eine Aufwertung für das Thema Nachhaltigkeit?
Tomic: Absolut. Ich kann mich erinnern, noch vor einigen Jahren war Nachhaltigkeit sehr stark beschränkt auf Ökologie. Heute setzt man sich differenzierter mit dem Thema auseinander. Nachhaltigkeit spielt in allen Bereichen eine Rolle, auch im Reporting. Der Geschäftsbericht hat damit nicht nur inhaltlich, sondern auch qualitativ stark an Bedeutung gewonnen, weil man jetzt das Unternehmen in viel mehr Facetten, aus mehr Blickwinkeln erlebbar macht.
Was sind aus Ihrer Sicht die wichtigsten Treiber für die Entwicklung des Nachhaltigkeitsreportings?
Tomic: Das Thema ist sehr stark von innen getrieben. Das kommt von der Unternehmensleitung, einerseits. Es ist ein massiver Beschleuniger, wenn die Gruppenleitung und das Management hinter dem Thema stehen. Aber auch die Mitarbeiter erwarten, dass sich der Arbeitgeber zu diesem Thema bekennt.
Was war denn der Grund, einen integrierten Bericht zu erstellen?
Tomic: Vor vier Jahren haben wir begonnen, weg von einem reinen Finanzbericht hin zu mehr Storytelling zu gehen. Damit hat sich der thematische Fokus erweitert. Nachhaltigkeit wurde dabei stärker berücksichtigt. Und so kamen wir auch zur Frage der Integration. Das war eigentlich der logische Weg.
Pfenninger: Von Beginn an haben wir uns am GRI orientiert. Das ist sicher ein wichtiger Baustein, weil damit die Transparenz stark zunimmt. Aber das war ein losgelöster Berichtsteil. Nur: Finanzen und Nachhaltigkeit gehören zusammen. Auch im GRI sind Finanzen ein elementares Thema und es ergibt einfach keinen Sinn, die beiden Bereiche separat zu bearbeiten.
Tomic: Wir haben für das Geschäftsjahr 2019 den ersten integrierten Geschäftsbericht gemacht. Das ist auch ein Ansporn. Das Interessante ist ja: Jetzt können wir nicht aufhören. Wir müssen uns jetzt konstant mit dem Thema befassen, in allen Facetten. Es gibt jetzt keine Separierung mehr, man kann über Nachhaltigkeit nicht später berichten. Nachhaltigkeit ist einfach ein Teil des Reportings.
Wenn Sie Ihren Geschäftsbericht beschreiben würden, was ist das für ein Produkt, wie sieht er aus?
Tomic: Wir versuchen einen Bericht zu erstellen, der klar, fokussiert und gut strukturiert ist. Dazu nutzen wir zum Beispiel die sechs Kapitalien des Integrierten Reporting (<IR>). Um unserem Anspruch gerecht zu werden, haben wir uns gesagt, dass wir uns nicht erst im Spätsommer mit den dazugehörigen Themen befassen können und wollen. Sie müssen unsere ganze Kommunikation prägen. Konstant. Zu allen sechs Kapitalien erstellen und kommunizieren wir darum über das ganze Jahr Storys auf der Website. Im Herbst setzen wir uns dann hin und kuratieren das Geschriebene. Was haben wir geschrieben, was wurde noch nicht veröffentlicht? Was sind die besten Nachweise für unser Verhalten? Im Idealfall können wir das allermeiste davon weiterverarbeiten. Unser Zielprodukt ist eine digitale Berichterstattung und nicht ein Print-Bericht. Unsere Zielgruppe ist sehr breit, eigentlich alle Stakeholder – Analysten, Investoren, Medienschaffende, Mitarbeiter, potenzielle Mitarbeiter, Studenten, die Kommunen, Quartiere, in denen wir bauen. Es ist nicht mehr ein Geschäftsbericht, sondern wirklich eine Berichterstattung.
Inwiefern sind dann die Storys, die sich an den sechs Kapitalien orientieren, in eine Kommunikationsstrategie eingebettet?
Tomic: Die Perspektive der sechs Kapitalien ist immer verbunden mit unseren drei zentralen Marken-Claims: Wir schaffen Lebensräume. Wir gestalten Zukunft. Und: Wir bieten Perspektiven. Diese drei Claims sind eng miteinander verbunden. Und alle unsere Leistungen in den sechs «Säulen» haben auch etwas mit diesen drei Claims zu tun. Das ergibt eine klare Linie in der Kommunikation.
Pfenninger: Wir versuchen, mit den sechs Kapitalien die Leistung des Unternehmens zu vernetzen und ganzheitlich darzustellen. Das ist eben mehr als nur finanzieller Input und Outcome. Der Fokus liegt dabei aber auf dem Geschäftsmodell und den damit zusammenhängenden Wertschöpfungsprozessen.
Wie kam es, dass Sie die Einführung eines integrierten Berichts direkt mit einer Art «Online first»-Strategie verbunden haben?
Tomic: Wir schreiben unsere Storys eben nicht erst für den Geschäftsbericht. Wir kommunizieren gezielt und konstant. Die Inhalte bereiten wir entsprechend für unsere Website und unseren Newsletter auf. Die besten und aussagekräftigsten Storys werden dann am Ende auch Bestandteil der per Publikationszeitpunkt aufgeschalteten «Zusatzseite», genannt Berichterstattung, auf unserer Website. Den Inhalt dieses «Seitenwagens» drucken wir nur noch etwa 30 Mal für interne Zwecke aus. Darüber hinaus gibt es natürlich ein PDF, mit etwa 200 Seiten, einschliesslich ausgewählter Storys und beispielsweise des Finanzteils.
Pfenninger: Nach dem Geschäftsbericht ist vor dem Geschäftsbericht. Die Bearbeitung der Nachhaltigkeitsthemen erfolgt unabhängig von der Berichterstattung kontinuierlich und entsprechend kommunizieren wir auch. Im Frühling, wenn die Berichterstattung des Vorjahres abgeschlossen ist, setzt sich das Team schon wieder zusammen und definiert die wichtigsten Themen, über die wir in den nächsten Monaten sprechen wollen.
Wie hat sich der Reportingprozess durch Umstellung auf den integrierten Bericht verändert?
Tomic: Ich habe das Gefühl, es wird alles ein bisschen einfacher. Weil man Nachhaltigkeit ganzheitlich anschaut, hat jeder etwas damit zu tun. Jeder begreift sofort: Ich kann hier nicht isoliert etwas tun. Denn was ich tue, muss zu den nachhaltigen Zielvorgaben beitragen. Ich denke, es braucht noch ein bisschen, bis alle das Konzept umfassend verinnerlicht haben. Aber wenn es dann passiert ist, wird es nochmals einfacher.
Pfenninger: Wenn man als Immobilienkonzern mit einem Impact auf Mensch und Umwelt transparent über Nachhaltigkeit kommunizieren will, ist das natürlich aufwendig, teilweise kompliziert und führt zu einer umfangreichen Nachhaltigkeitsberichterstattung. Mit der integrierten Berichterstattung bekommt man die Möglichkeit, die Berichterstattung wieder schlanker, effizienter und aus einem Guss zu vollziehen.
Würden Sie sagen, dass die integrierte Berichterstattung auch hilfreich ist bei der strategischen Verankerung von Nachhaltigkeit im Unternehmen?
Tomic: Das ist ein Prozess. Mit der Berichterstattung schafft man Transparenz zu den materiellen Themen. Und dann wird es auch eine Governance-Frage. Dann wird das Thema verankert im Konzern, im Verwaltungsrat, in den Gruppengesellschaften. Sehr wichtig ist das Nachhaltigkeits-Board in unserem Verwaltungsrat, das Vorgaben macht und Ziele setzt, wie etwa den CO2-Absenkpfad. Nur so lassen sich ganz konkrete Vorgaben ableiten und ohne die geht es nicht. Und da stecken wir mittendrin.
Mladen Tomic ist seit 2016 bei der Swiss Prime Site-Gruppe als Head Group Communications tätig. Davor war er während über zehn Jahren bei verschiedenen Unternehmen der Versicherungs- und Retail-Branche im Investor Relations für die Finanzkommunikation zuständig. Er ist verheiratet, hat zwei Kinder und lebt in der Region Baden.
Martin Pfenninger arbeitet seit 2013 bei der Gruppengesellschaft Wincasa als Abteilungsleiter Projektmanagement & Nachhaltigkeit. Zusätzlich ist er seit Anfang 2020 als Head Group Sustainability für die Swiss Prime Site-Gruppe tätig. Davor war er während mehreren Jahren bei verschiedenen Unternehmen der Immobilien-Branche im Bauwesen und der Beratung tätig. Er ist verheiratet, hat zwei Kinder und lebt in der Region Zürich.