Reporting – Wege aus der Scheinwelt
Scheinwelten vorbeugen, sie verhindern und auflösen – das war der Anspruch des diesjährigen Geschäftsberichte-Symposiums (GBS), ausgerichtet vom Center for Corporate Reporting (CCR). Wie können Reporting-Verantwortliche dabei unterstützt werden, authentischer, verständlicher, relevanter und Stakeholder-bezogener Bericht zu erstatten? Hochkarätige Plenum-Referenten und ausgezeichnete Unternehmensvertreter in den Best-Practice-Sessions haben sich dieser Frage beim GBS 2016 gewidmet. Die Key Takeaways in Kürze.
Hinweis: CCR Firmenmitglieder und Partner erhalten eine ausführliche Version.
«Man kann keine Berichterstattung machen, die dem Innenleben des Unternehmens nicht entspricht.»
Reporting- und Kommunikationsverantwortliche sind mehr denn je aufgerufen, Unternehmensführung und operative Einheiten für das Zusammenspiel von Unternehmenskultur, -handeln und -kommunikation zu sensibilisieren. Scheinwelten entstehen einerseits, weil der Geschäftsbericht als schöne Imagebroschüre missverstanden wird, die ein Bild von Unternehmenskultur und -führung entwirft, das mit den tatsächlichen Verhältnissen in Führungsverständnis, strategischer Ausrichtung und Corporate Governance wenig zu tun hat. Auf diese Gefahr weist auch Prof. Dr. Axel P. Lehmann, Group Chief Operating Officer, UBS, hin: «Man kann keine Berichterstattung machen, die dem Innenleben des Unternehmens nicht entspricht.» Oder das Reporting erfüllt andererseits zwar die regulatorischen Mindestanforderungen, versäumt es jedoch Aktionären, Mitarbeitern, Kunden und weiteren Adressaten den Business Case verständlich, konsistent, authentisch und ganzheitlich darzustellen.
«Unternehmen sollen sich aus der Sprachlosigkeit lösen.»
Die Kommunikationsprofis sind gefordert, durch aktives Stakeholder-Management die verschiedenen Anspruchsgruppen und ihre Anforderungen an das eigene Unternehmen einzubeziehen, um relevante Themen aus Unternehmens- und Stakeholdersicht in die interne Entscheidungsfindung und das Reporting zu integrieren. Es komme nicht darauf an, was A sage, sondern was B empfange, so Prof. Dr. Timo Meynhardt von der Universität St. Gallen und HHL Leipzig. Dies bestätigt auch Dr. Andreas Burckhardt, VRP Bâloise Holding AG: «Jede externe Information muss zielgerecht sein, damit diese von den jeweils angesprochenen Anspruchsgruppen verstanden wird.» Wie stark Theorie und Praxis oftmals auseinanderklaffen, vermerkt jedoch Axel Lehmann, UBS: „«Wir haben als Unternehmen Herausforderungen, unseren gesellschaftlichen Wert zu kommunizieren.» Unternehmen sollen sich aus ebendieser Sprachlosigkeit lösen – Meynhardt bezieht sich dabei auf die Zivilgesellschaft, Peter Bakker, Präsident & CEO WBCSD (World Business Council for Sustainable Development), Dr. Dominique Biedermann, Präsident Stiftung Ethos und Dr. Mirjam Staub-Bisang, CEOIndependent Capital Group auch und insbesondere auf den Kapitalmarkt.
«Accountants will save the world.»
Vertrauensaufbau durch Transparenz und Authentizität sind jedoch keine rein kommunikativen Aufgaben. Reporting ist vor allem faktenbasiert – im Hinblick auf die Finanzberichterstattung heisst das zahlenbasiert. Damit «weiche» Faktoren wie social oder natural capital denselben Stellenwert im Unternehmen und im Kapitalmarkt erreichen und somit in Strategie- und Investitionsentscheide miteinbezogen werden können, müssen sie den Finanzkennzahlen vergleichbar aufbereitet sein. Peter Bakker hat bereits vor Jahren den Accountants vorausgesagt, die Welt zu retten. Diese Prognose hat er beim Symposium mit voller Überzeugung wiederholt: «Accountants will save the world.» Ein Paradigmenwechsel im Accounting und der Unternehmensbewertung ist bereits im Gange. Eine Reihe von kapitalmarktorientierten Initiativen arbeitet aktuell darauf hin, financials und non-financials stärker miteinander zu verzahnen – im Accounting, der Unternehmensbewertung und im Reporting.
«More sustainable businesses are more successful.»
Die Fokussierung auf Langfristigkeit und nachhaltige Investments betont nicht nur Peter Bakker mit seinem Ausspruch «more sustainable businesses are more successful», sondern auch die Investorenvertreter Staub-Bisang und Biedermann. Unternehmen sollten sich bewusst machen, dass nachhaltige Anlagen allmählich ihren Anstrich als «öko» oder «grün» verlieren und nicht zuletzt durch ihre nachgewiesene Outperformance (siehe Friede, Busch, Bassen 2015, «ESG and financial performance: aggregated evidence from more than 2000 empirical studies») in den Fokus von Investoren geraten. Diese Entwicklung ist noch lange nicht Mainstream. Gemeinsam mit Prof. Dr. Peter Forstmoser haben Dr. Rudolf Wehrli und Dr. Mirjam Staub-Bisang so auch im Frühjahr 2015 eine Eingabe beim Bundesamt für Justiz zur Einführung einer Loyalitätsdividende in der Schweiz gemacht. Diese besagt, dass Aktien, die länger als zwei Jahre gehalten werden, eine 20 Prozent höhere Dividende abwerfen sollen. Durch eine solche Loyalitätshonorierung sollen langfristiges Commitment und Engagement der Aktionäre belohnt und eine nachhaltige Unternehmensstrategie ermöglicht werden. Biedermann betont, dass für ihn eine überzeugende Strategie, ein kompetentes Management und ein langfristig erfolgreiches Geschäftsmodell den Investment Case ausmachen. Durch ein ganzheitliches Reporting können unternehmensseitig die relevanten Themen gegenüber dem Kapitalmarkt gesetzt werden.
Integriert, digital, visualisiert, prozessorientiert und verständlich – Ansätze für exzellentes Reporting
Fast-Close-Reporting-Prozess bei Novartis, Integrated Reporting bei UBS, Infografiken zur Visualisierung des Geschäftsmodells bei Coca-Cola HBC, Online-First als Reporting-Ansatz bei Kuoni oder CEO-Kommunikation bei Infineon: Die Best-Practice-Sessions waren thematisch so breit gefächert wie die Reporting-Herausforderungen, denen sich Entscheider und Macher gegenüber sehen. Wir haben gemeinsam mit unseren Referenten für Sie die Key Learnings zusammengefasst. Symposium-Teilnehmer können die Session-Handouts gerne bei uns bestellen.
Fazit des GBS 2016:
Geschäftsberichte-Macher sind wichtige Katalysatoren: Sie tragen die von Stakeholdern gestellten Anforderungen an die Unternehmensführung nach innen, unterstützen als Kommunikatoren wesentlich interne Wandlungsprozesse und die interdisziplinäre Zusammenarbeit und erstatten in geeigneten Formaten Bericht über die Ausrichtung des Unternehmens – authentisch und ganzheitlich, fernab von Scheinwelten.