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Deep Work statt Dauerstress

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Deep Work statt Dauerstress

Ob Homeoffice oder Büro. Wir lassen uns ablenken, weil wir es wollen. Diese toxische Mischung aus Dauerunterbrechungen und Sofortismus wird immer schlimmer, sofern wir nichts dagegen unternehmen.

Von Anja Förster

Unterbrechungen sind im beruflichen Alltag so allgegenwärtig wie die Luft zum Atmen. Kaum vertieft man sich in eine Aufgabe, schon meldet sich das Smartphone mit einem Summen, oder es trudelt eine dringliche Mail ein, die sofortige Aufmerksamkeit erfordert. Selbst vermeintlich kurze Fragen des Kollegen, der den Kopf zur Tür hereinstreckt und «mal eben» etwas wissen möchte, entpuppen sich oft als zeitaufwendige Angelegenheiten.

Solche Unterbrechungen sind durchaus sinnvoll, wenn der Kollege mit der dringenden Frage eine sofortige Antwort benötigt, ohne die er nicht weiterkommt. Oder wenn sich die Nachricht auf dem Smartphone als derartig zeitkritisch erweist, dass sie umgehendes Handeln erfordert. Solche Unterbrechungen sind in Ordnung, wenn die eigene berufliche Rolle explizit darauf ausgerichtet ist, rund um die Uhr Fragen zu beantworten und sofort auf Messages zu reagieren. Solche Störungen sind ein gigantisches Problem, wenn es darum geht, das zu tun, was Georgetown Professor Cal Newport «Deep Work» nennt: also hochgradig konzentriertes Arbeiten. Anders ausgedrückt: Wer ständig gestresst ist und keine vier Minuten am Stück ungestört bei einer Aufgabe bleiben kann, hat sich von seiner Rolle als Wertschöpfer verabschiedet!

Wie wir uns die Zeit zurückerobern

Tatsache ist: Wer sich ständig unterbrechen lässt, zahlt doppelt drauf. Die Unterbrechung selbst, die wertvolle Konzentration schluckt, und die Zeit, die benötigt wird, um sich nach der Unterbrechung wieder auf die ursprüngliche Aufgabe zu fokussieren. Kein Wunder, dass wir uns ständig in Zeitnot fühlen, der Stresspegel steigt und die Qualität der Arbeit leidet.

Wir sollten es nicht zulassen, dass unsere Zeit durch eine Mischung aus Dauererreichbarkeit und ständiger Ablenkung «geschrumpft» wird! Je mehr dauergehetzte Atemlosigkeit unser Leben bestimmt, desto wichtiger ist es, Zeiten der ablenkungsfreien Konzentration in den Alltag einzubauen. Arbeitsphasen, in denen wir uns tief und fokussiert auf eine Sache konzentrieren. Wir haben es selbst in der Hand, das zu ermöglichen.

Die 90-Minuten-Medizin für Deep Work

Mein Vorschlag: ZFDB-Zeit am Vormittag. ZFDB ist die Abkürzung für «Zeit für die Birne». Das bedeutet, dass am Vormittag keine Meetings stattfinden und die Arbeit der anderen nicht gestört wird. Es mag streng klingen, aber es bringt allen Beteiligten einen riesigen Vorteil. Ungestörte Arbeitsphasen können für «Deep Work» genutzt werden, während später am Tag Zeit für Meetings und alle aufkommenden Fragen bleibt. Ein weiterer Pluspunkt: Oftmals stellt sich heraus, dass das Warten auf die Antwort gar keine grosse Sache war. Gleichzeitig sind die zurückgewonnene Zeit und Konzentration für alle Beteiligten eine gigantische Sache.

Wer jetzt einwendet, dass ein ganzer Vormittag störungsfreies Arbeiten nicht machbar sei, dem empfehle ich, es mit der «kleinen Schwester» des störungsfreien Vormittags zu versuchen. Sie heisst «90 Minuten ohne Unterbrechung». Ich beende meinen Tag konsequent damit, dass ich die wichtigste Aufgabe für den kommenden Tag definiere. Und am nächsten Morgen steht genau diese Aufgabe als erster Punkt auf meiner Agenda – für mindestens 90 Minuten. Ohne Unterbrechung. Ohne Pause. Wem das noch zu hochgegriffen erscheint, der kann noch eine Stufe niedriger beginnen: Warum nicht die 90 Minuten wenigstens einmal pro Woche ansetzen?

Tragen Sie diese Idee in Ihr Team! Lassen Sie Ihre Mitarbeitenden damit experimentieren. Finden Sie die passende Variante der ZFDB oder 90-Minuten-Medizin gegen Stress und niedrige Produktivität. Ohne störende Unterbrechungen zu arbeiten, reduziert nicht nur Stress und erhöht den Output, es macht auch sehr viel mehr Spass!

Superkräfte gegen Stress und niedrige Produktivität

  1. Eigenmacht: Ständige Unterbrechungen im Arbeitsalltag sind kein Schicksal. Wir können etwas dagegen tun.

  2. Zeit für die Stille: Je mehr dauergehetzte Atemlosigkeit im Alltag, desto wichtiger sind Zeiten der ablenkungsfreien Konzentration.

  3. Experimente: Die Einführung von ZFDB-Zeiten ermöglicht es, ungestörte und produktive Arbeitsphasen zu kultivieren. Welche Variante am besten funktioniert, findet sich über das

    Ausprobieren und schnelle Lernen.

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Buchtipp: 7 Superkräfte

von Anja Förster

Erschienen im Econ Verlag Berlin


Anja Förster

ist Gründerin der Initiative Rebels at Work und gefragte Speakerin, die mit ihren Vorträgen in über 30 Ländern mehr als 250.000 Zuhörer erreicht hat. 7 Superkräfte, das neue Buch der mehrfachen Bestsellerautorin, ist überall erhältlich wo es Bücher gibt.