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Nachhaltigkeitsaspekte als integraler Bestandteil der Darstellung der Unternehmenslage
Mit der Umsetzung der europäischen Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) wird eine neue Ära der Unternehmensberichterstattung eingeläutet. Mit der nunmehr erforderlichen Verortung im Lagebericht wird eine umfassende Nachhaltigkeitsberichterstattung ein elementares Element der Darstellung der Lage des Unternehmens. Dies birgt für berichtspflichtige Unternehmen auch die Chance, ein einheitliches Storytelling voranzubringen, das Aspekte der Finanz- und Nachhaltigkeitsberichterstattung vereint. Der deutsche Rechnungslegungsstandardsetzer DRSC stellt diesen Aspekt des einheitlichen Storytellings bei der gegenwärtig stattfindenden Überarbeitung des DRS 20 zur Lageberichterstattung in den Vordergrund.
Von Georg Lanfermann
Auch wenn die CSRD-Umsetzungsgesetzgebung in Deutschland in den vergangenen Monaten lange auf sich warten liess, bereiten sich mehrere hundert kapitalmarktorientierte Konzerne seit dem vergangenen Jahr bereits auf die praktische Umsetzung der europäischen Berichtsvorgaben für das laufende Geschäftsjahr 2024 vor. Der Ende März 2024 veröffentlichte Referentenentwurf bringt nun mehr Klarheit. Notwendig ist – wie in der CSRD vorgesehen – eine Verortung im (Konzern-) Lagebericht. Dies stellt berichtende Unternehmen derzeit vor die Herausforderung, neben der notwendigen Schaffung prüfungssicherer Berichtsprozesse zu wesentlichen Nachhaltigkeitsaspekten der eigenen Unternehmenstätigkeit sich auch mit der Einpassung der erwartungsgemäss umfangreichen Nachhaltigkeitsberichterstattung in die bisher bestehende Lageberichterstattung zu befassen.
CSRD scheint silomässige Berichterstattung zu fördern
Die Europäische Kommission hatte in ihrem Vorschlag zur CSRD im April 2021 eine weitgehende Integration von Nachhaltigkeitsaspekten in die bisher eher finanziell geprägte Lageberichterstattung vorgesehen. Im Laufe der gesetzgeberischen Diskussion zur CSRD rückte allerdings der Gedanke einer weitgehenden Separierung der Nachhaltigkeitsaspekte in einem besonderen Abschnitt des Lageberichts in den Vordergrund. Dies hatte verschiedene Gründe – nicht zuletzt die Frage einer separierbaren Prüfung dieses Teils des Lageberichts wird dabei eine bedeutende Rolle gespielt haben. Bei der Erarbeitung der europäischen Berichtsstandards, die die Details der europäischen Nachhaltigkeitsberichterstattung nach der CSRD regeln, wurde durch die Europäische Kommission beim Erlass der delegierten Rechtsakte nachgesteuert. Die European Sustainability Reporting Standards (ESRS) eröffnen die Möglichkeit, auf Grundlage des Konzepts der «Incorporation by reference» Angaben nach den ESRS auch in andere europäisch geregelte Berichtsinstrumente aufzunehmen und hierauf im Nachhaltigkeitsteil des Lageberichts zu verweisen. Neben Berichtsinstrumenten, wie der Erklärung zur Unternehmensführung oder dem Vergütungsbericht, ist dies insbesondere auch der finanzielle Teil des Lageberichts.
DRSC arbeitet an einer stärker integrierten Darstellung
Der Referentenentwurf zur deutschen Umsetzung von Ende März 2024 sieht im Sinne einer 1:1-Umsetzung die grundsätzliche Konzeption einer separierten Berichterstattung zu Nachhaltigkeitsaspekten vor. Dazu sollen nach dem Referentenentwurf die relevanten Vorschriften im Handelsgesetzbuch entsprechend geändert werden. Im gegenwärtig laufenden deutschen Gesetzgebungsverfahren wird die politische Diskussion innerhalb weniger Wochen geführt werden müssen, um die in der CSRD vorgesehene Umsetzungsfrist bis Juli 2024 halten zu können.
Dies lässt im Grundsatz kaum Zeit für weitergehende detaillierte Ergänzungen im laufenden Gesetzgebungsprozess. Vorausschauend hat das DRSC daher bereits im vergangenen Jahr die Arbeiten zur Anpassung von DRS 20, dem deutschen Standard zur Lageberichterstattung, aufgenommen. Zunächst ist der DRS 20 von bisher behandelten Ausführungen zur nunmehr obsoleten «Nichtfinanziellen Erklärung» zu befreien. Ziel der DRS-20-Überarbeitung ist aber insbesondere die Anknüpfung an das in den ESRS enthaltenen «Incorporation by reference»-Konzepts, um damit die Möglichkeit von zusammenfassenden Darstellungen im finanziellen Teil des Lageberichts klarer zu fassen. Dies betrifft u. a für die Beschreibung der Unternehmenstätigkeit zentrale Aspekte wie Angaben zum Geschäftsmodell und zur Unternehmensstrategie, die bereits bisher nach DRS 20 Bestandteil des Lageberichts waren. Eine solch zusammenfassende Darstellung würde es Unternehmen erlauben, diese strategisch relevanten Angaben den Nutzern der Abschlüsse, insbesondere Investoren, besser und kompakter zu vermitteln. Die Ableitung allgemein geltender Grundsätze für die Lageberichterstattung wurde im DRSC ebenfalls detailliert erwogen, aber mit Blick auf eine noch zu erwartende Klarstellung der Europäischen Kommission zur Geltung des «True-and Fair-View»- Grundsatzes für den gesamten Lagebericht zunächst zurückgestellt.
Ein entsprechend angepasster DRS 20 wird allerdings erst nach Abschluss des deutschen Gesetzgebungsverfahrens und entsprechenden DRSC-Gremienbeschlüssen zur Konsultation gestellt werden können. Dies wäre voraussichtlich erst in der zweiten Jahreshälfte 2024 möglich. Die Vorüberlegungen zur Implementierung der «Incorporation by reference» in Form von Aufnahmen von Nachhaltigkeitsangaben nach den ESRS in den finanziellen Teil des Lageberichts sind aber eher klarstellender Natur, sodass diese aber auch schon im Vorfeld in die Überlegungen der bereits für das Geschäftsjahr 2024 berichtspflichtigen Unternehmen zur Einbettung der Nachhaltigkeitsberichterstattung in den Lagebericht einfliessen können.
WP/STB Dipl. - Kfm. Georg Lanfermann
ist Präsident des Deutschen Rechnungslegungs Standards Committee e.V. (DRSC), Berlin, sowie Vizepräsident des Administrative Board der EFRAG. Zuvor war er 16 Jahre Partner im Department of Professional Practice der KPMG AG.