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Wenn Transparenz zur Action führt
Das Thema ESG oder nachhaltige Anlagen hat in seinem jungen Dasein schon zahlreiche Phasen durchlaufen. Vom «Non-Event» in den 90er-Jahren zu «Nischenthema» in den 2000er-Jahren zu «Wir sind als Anbieter führend in diesem Thema» in den letzten 5–10 Jahren zu aktuell «Wir raten eher davon ab» hat dieses Thema schon alle Facetten der Haltung der verschiedenen Anbieter kennengelernt.
Von Reto Ringger
Mittlerweile steht nicht mehr der Wunsch nach besserer Anlagerendite oder einem höheren Impact bei den Anlagen im Vordergrund, sondern die Einhaltung der zahlreichen, teilweise unübersichtlichen Regulierungen und Vorgaben. Die Regulatoren und Compliance-Abteilungen definieren nun, was nachhaltig ist und was nicht.
Wir befinden uns im «Roof of confusion». Die Rating-Agenturen kommen bei den Ökoratings zu fundamental anderen Resultaten. Jede Bank hat eine andere Methodik und die Regulatoren in der Schweiz, der EU oder den USA widersprechen sich. Zudem fliessen politische Haltungen in die Regulatorien ein. Das alles führt zu einem grossen Durcheinander und niemand weiss so recht, wo die Fahrt hingeht und was die Standards sind.
Die Sache mit der Performance
Es herrscht immer noch grosse Unsicherheit, ob denn nun nachhaltige Anlagen ein Performance-Treiber oder ein Performance-Killer sind. Ein Blick auf die realen Zahlen und die Vergleichsindizes ist dabei hilfreich. Wie auf der Grafik ersichtlich ist, haben sich nachhaltige Anlagen (MSCI World SRI) in den letzten 10, 5, 3 und 1 Jahren besser entwickelt als die traditionellen (MSCI World) Indizes. Warum ist das so? Kostet Nachhaltigkeit nicht und müssten diese Anlagen nicht schlechter abschneiden?
Viele der in den nachhaltigen Indizes enthaltenen Unternehmen weisen tiefere Risiken auf, da sie sich mit ökologischen oder zukunftsorientierten Risiken starker beschäftigen als andere Unternehmen. Zum anderen fokussieren sie sich auch auf sich neu eröffnende Geschäftsmöglichkeiten, welche das Thema Klima, Ressourcenknappheit, Kundenerwartungen etc. mit sich bringt. Zudem enthalten viele der nachhaltigen Indizes einen hohen Anteil an Technologieunternehmen, welche sich in den letzten Jahren exzellent entwickelt haben.
Aus einer Anlagesicht scheint sich auszuzahlen, dass die Selektion von zukunftsorientierten Unternehmen, welche Herausforderungen wie Klimawandel, Ressourcenknappheit, sich ändernde Konsumentenanforderungen rasch und proaktiv angehen, in den Portfolios übergewichtet werden.
Es geht dabei jedoch nicht um Negativ-Screening, wie es heute vielerorts noch angewandt wird. Sondern um eine positive Selektion von Unternehmen, in die investiert wird.
Wie steht es um die Transparenz?
Das Anlagegeschäft ist bis anhin nicht von starker Transparenz geprägt. Es gibt kein booking.com oder Tripadvisor für Anlagen. Ausser bei Anlagefonds ist es für die Anlegerinnen und Anleger fast unmöglich, die Performance oder die Kosten von Anlagestrategien von Banken zu vergleichen. Das gilt auch für den Bereich ESG.
Die Konfusion ist gross, da jeder Anbieter unterschiedliche Methoden und Reportings anwendet. Globalance hat darum ein digitales Tool – www.globalanceworld.com – entwickelt, welches Portfolios vergleichbar macht und aufzeigt, welche Anbieter sowohl bei Rendite als auch bei Klimastrategien gut abschneiden. Erste Erfahrungen und Rückmeldungen zeigen, dass eine solche Transparenz von grossem Interesse ist und dass Investorinnen und Investoren, welche erkennen, dass ihre Portfolios bei 3 Grad oder gar 4 Grad Klimaerwärmung liegen, Anpassungen vornehmen möchten. Transparenz führt damit zu konkreten Massnahmen und Veränderungen.
Reto Ringger
ist ein Unternehmer an der Schnittstelle zwischen Finanzmärkten und Nachhaltigkeit. Im Jahr 2011 gründete er die Globalance Bank. Zuvor gründete er die SAM Group (Sustainable Asset Management). In Zusammenarbeit mit Dow Jones lancierte SAM den Dow Jones Sustainability Index. Reto Ringger ist u. a. auch Mitglied des Club of Rome.