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Die Rolle von XBRL in der digitalen Finanzberichterstattung

In absehbarer Zeit wird die Automatisierung auch im Financial Reporting Einzug halten. Ein wesentlicher Baustein dafür sind technische Standards für die Verwaltung und den Austausch von Finanzdaten. Mit der Extended Business Reporting Language (XBRL) existiert bereits seit 2001 ein technischer Standard, der vorwegnimmt, welchen Anforderungen Financial Reporting in einer digitalen Welt genügen muss.

Was ist XBRL?

XBRL ist ein offener Datenstandard, der dazu verwendet wird, Finanzberichte zu modellieren und die darin enthaltenen Daten für den systemübergreifenden Austausch und die maschinelle Verarbeitung aufzubereiten.

Aus technischer Perspektive erfüllt XBRL zwei Funktionen: zum einen als Beschreibungssprache und zum anderen als Austauschformat. Mit der XBRL-Beschreibungssprache werden Finanzdaten in eine maschinenverarbeitbare Form übersetzt. Dabei werden Werte und Kennzahlen mit Attributen versehen wie z.B. Mengeneinheit oder Währung sowie Kontextdaten wie z.B. Unternehmenseinheit, Segment oder Berichtsperiode. Im zweiten Schritt werden die Daten entlang eines normierten Sets an Begriffen (sog. Taxonomien) etikettiert bzw. getaggt. Die Taxonomien können je nach Kontext nationale oder internationale Rechnungslegungsstandards sein wie dHGB, IFRS oder US GAAP. Der Taxonomie folgend werden die Beziehungen zwischen den Begriffen und dazugehörenden Daten definiert, damit sie logisch konsistent abgebildet werden.

Abb. 1: Zusammenspiel von XBRL-Instanz und Taxonomie am Beispiel von Goodwill (Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an IASC, 2006 und KMPG LLP, 2008)

Abb. 1: Zusammenspiel von XBRL-Instanz und Taxonomie am Beispiel von Goodwill (Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an IASC, 2006 und KMPG LLP, 2008)

In der zweiten Funktion dient XBRL als Austauschformat, um die normierten, maschinell verarbeitbaren Finanzberichte zwischen IT-Systemen auszutauschen. In dieser Funktion unterstützt XBRL die technische und inhaltliche (semantische) Interoperabilität im Austausch von hoch strukturierten Finanzdaten und bildet damit eine wichtige Grundlage für die konsistente Verarbeitung von digitalen Finanzberichten über die eigenen Unternehmensgrenzen hinweg.

Abb. 2: XBRL in der Data Supply Chain (Quelle: eigene Darstellung)

Abb. 2: XBRL in der Data Supply Chain (Quelle: eigene Darstellung)

Einsatzbereiche und Anwender von XBRL

XBRL kommt bislang vor allem im Reporting von börsennotierten Unternehmen sowie in der Steuerdeklaration zum Einsatz. Der Standard wird durch das im Jahr 2001 gegründete internationale XBRL-Konsortium (xbrl.org) verwaltet, das in nationale Arbeitsgruppen gegliedert ist und mit Stand 2017 mehr als 600 Mitglieder aus international agierenden Unternehmen zählt.

Als wichtigste Anwendergruppen sind zum aktuellen Zeitpunkt berichtspflichtige (meist börsennotierte) Unternehmen zu nennen sowie Regulatoren bzw. Aufsichtsbehörden, die auf die weitgehende maschinelle Verarbeitung von normierten Finanzdaten angewiesen sind. Entsprechend hat die US-amerikanische Börsenaufsichtsbehörde SEC im Jahr 2009 XBRL zum verpflichtenden technischen Reportingstandard erhoben, um dadurch die Transparenz- und Corporate-Governance-Vorschriften besser bedienen zu können. In Europa ist die XBRL-Finanzberichterstattung bislang nur in Spanien und Italien verpflichtend. Mittlerweile haben mehrere Länder (darunter Belgien, Frankreich, Deutschland, Luxemburg, Dänemark und UK) XBRL als Austauschformat im Bankensektor gesetzlich verankert. In Deutschland müssen Unternehmen seit 2012 die E-Bilanz im XBRL-Format an die Steuerbehörde abgeben. Viele weitere Länder – darunter auch die Schweiz und Österreich – empfehlen die Anwendung von XBRL für Reportingzwecke.

Mit der Transparenzrichtlinie 2013/50/EU soll sich die Situation ändern. Laut Artikel 26 « (…) sollte die Erstellung von Jahresfinanzberichten in einem einheitlichen elektronischen Berichtsformat (sog. European Single Electronic Format, ESEF) mit Wirkung vom 1. Januar 2020 [für alle Emittenten, die an einem geregelten Markt in der EU gehandelt werden] verpflichtend sein, (…)». Dabei sollte ESMA (European Securities and Markets Authority) unter Einbeziehung aller Mitgliedstaaten, Banken, Finanzintermediäre und Versicherungen die Entwürfe für technische Regulierungsstandards erarbeiten, «um das elektronische Berichtsformat unter gebührender Bezugnahme auf bestehende und künftige Technologieoptionen, wie etwa eXtensible Business Reporting Language (XBRL), festzulegen».

Neben den Kernanwendergruppen Banken und Behörden sind es aber auch zunehmend Datendienstleister, Business-Analysten, institutionelle Investoren und nicht zuletzt Software-Entwickler, die ein steigendes Interesse an der Verwendung von XBRL erkennen lassen. Diese Entwicklung ist vor allem der verbesserten technischen Aufbereitung von Finanzdaten und den darin erweiterten Möglichkeiten der Analyse und Mehrfachverwertung geschuldet. Demnach sollte XBRL nicht bloss als technisches Beschreibungs- und Austauschformat verstanden werden, sondern als Enabler für ein digitales Ökosystem, in dem Finanzdaten von unterschiedlichsten Stakeholdern entsprechend ihren Bedürfnissen aufbereitet und weiterverarbeitet werden.

Schlussfolgerung

Es zeigt sich, dass das Verständnis über die Anforderungen an Financial Reporting unter den Bedingungen der Digitalisierung und der effektiven Kenntnis der zugrundeliegenden Technologien und Standards insbesondere in jenen Ländern, in denen XBRL noch nicht verpflichtend ist, darunter Österreich und die Schweiz, eher wenig ausgeprägt ist (Kovarova-Simecek & Pellegrini, 2017). Dieser Beitrag sollte als Weckruf verstanden werden, sich möglichst rasch mit den neuen Technologien im Financial Reporting auseinanderzusetzen, um diese nicht nur zum Zeitpunkt des «digital switch-over» im Einsatz zu haben, sondern auch proaktiv deren Vorteile und Fallstricke zu verstehen. Denn insbesondere in einer digitalen Reportingwelt wird nur jener von der Digitalisierung profitieren, der nicht nur die Technik beherrscht, sondern auch deren kreatives Potenzial ausschöpft.

Weiterführende Quellen:

Über die Autoren

Prof. (FH) Mag. Monika Kovarova-Simecek ist Dozentin am Department Medien & Wirtschaft der FH St. Pölten, wo sie das Entwicklungsteam des Masterstudiengangs Wirtschafts- und Finanzkommunikation und die Forschungsgruppe Financial Communications leitet. Sie ist Initiatorin des Symposiums Wirtschafts- und Finanzkommunikation. Zuvor war sie Finance Director bei Ketchum Publico und hat als fachliche Redaktorin das Fachmagazin CFOaktuell mitgeprägt. 

Prof. (FH) Dr. Tassilo Pellegrini lehrt und forscht am Institut für Medienökonomie der Fachhochschule St. Pölten. Er ist Mitgründer der Semantic Web Company, wo er 2004–2012 den Bereich Research and Development leitete, sowie Autor und Herausgeber von Handbüchern zu semantischen Technologien und Medienökonomie. Seit 2005 leitet er die internationale Konferenzserie SEMANTICS und ist Gutachter für internationale Konferenzen sowie Förderprogramme.