Die grösste kommunikationswissenschaftliche Tagung im deutschsprachigen Raum hat kürzlich in Leipzig knapp 500 renommierte Wissenschaftler versammelt, die drei Tage lang aktuelle Forschungsergebnisse vorgestellt und diskutiert haben. Reporting-relevante Insights sind nachfolgend kurz zusammengefasst – gerne können Sie sich bei Interesse an vertieften Informationen bei uns melden.
Polymedialität, inaktive User und Blogger als Gatekeeper
Crossmedialität ist als (Angst-) Begriff in aller Munde. Aktuelle Forschung an der Universität Bonn rät dazu, von diesem Konzept Abstand zu nehmen und diesen durch „Polymedialität“ zu ersetzen. Ein Nebeneinander von Kanälen wird deutlich, (Online-) User bleiben bei Information und Austausch jedoch kanalübergreifend unter sich. Deutlich wird das zum Beispiel an den Online-Diskussionen der Demokraten und Republikaner im US-Bundestagswahlkampf. In digitalen Netzwerkstudien konnte nachgewiesen werden, dass es kaum zur Vermischung der beiden Lager in Bezug auf Informationsquellen kommt. Man spricht von sogenannten Echo Chambers, Filter Bubbles und Mini-Publics in diesem Kontext, die sich themenbezogen bilden.
Reporting-Verantwortliche sollten im Auge behalten, dass Stakeholder-Segmentierung entsprechend nicht so einfach ist. Vielmehr ist zu berücksichtigen, dass sich Stakeholder themenbezogen unter "ihresgleichen" austauschen. Unternehmen müssen dort sein, wo darüber gesprochen wird. Nicht Fragmentierung, sondern Gleichzeitigkeit und Polyphonie sind die kommunikative Herausforderung. Dabei ist auch relevant, dass die meisten Onliner „nur“ rezipieren und sich nicht aktiv beteiligen wollen, so eine weitere Studie der Universität Leipzig. Den wenigen Engagierten kommt dadurch jedoch eine ungeheure Meinungsmacht und (themen-/event-bezogene) Reichweite zu. Blogger und Meinungsmacher im Netz sind von daher inzwischen ebenso wichtig aus Kommunikationssicht wie die klassischen Gatekeeper der Öffentlichkeit, die Journalisten.
Corporate Newsroom – an Themen orientiert
Nutzen Sie bereits einen Corporate Newsroom? Und sind Ihre Reporting-Aktivitäten an diesen angeschlossen? Machen Sie sich keine Sorgen, nur wenige Unternehmen sind bislang soweit den aus Medienredaktionen bekannten Ansatz des Newsrooms konsequent in ihrer Unternehmenspraxis umzusetzen. Die Gründe hierfür sind teilweise ganz lapidar, wie zum Beispiel räumliche Restriktionen. Dabei kann eine strategische Themenplanung durch Newsrooms erleichtert und auch aufs Reporting übertragen werden. Die konsequente Ausrichtung an Themen anstatt Kanälen und Stakeholdern ermöglicht eine abteilungsübergreifende Zusammenarbeit und Koordination aller Kommunikationsaktivitäten. Eine Typologie der Newsroom-Integration der Universität Mainz macht verschiedene Stadien bei deutschen Unternehmen aus und gibt Handlungsempfehlungen für eine erfolgreiche Integration. Erfahren Sie mehr in „The Reporting Times“ No. 9 – oder bestellen Sie die Handlungsempfehlungen bei uns.
Stereotypisierungen im Reporting
Stereotype, mit denen sich die Universität Salzburg auseinandergesetzt hat, sind eine etablierte Kategorie in der Medienberichterstattung und in der Kommunikation generell. Kann diesen aber auch eine Bedeutung im Reporting zukommen? Selbstverständlich. Man braucht nur an die aktuelle Diskussion um Diversität und Gender in Aufsichts- und Führungsgremien – und im Reporting – zu denken. Schnell spricht man von den „Frauen“, den „Minderheiten“ etc. Ein anderes Beispiel sind die per se positiv konnotierten Nachhaltigkeitsbemühungen von Unternehmen – „grün“ gleich „gut“. Aktuelle Ansätze wie Integrated Reporting betonen die Wesentlichkeit in diesem Bereich: auch grüne Aktivitäten müssen zum Business Modell passen und auf dieses einzahlen. Stereotypisierung führt oftmals zu Greenwashing und kommunikativen Fingerübungen anstatt konkreter Handlung. Indem sich Reporting-Verantwortliche Stereotypisierung bewusst machen, können Sie in ihrer (Unternehmens- und Berichts-) Praxis gegensteuern – und (kommunikativen) Mehrwert durch Konkretisierung anstatt Pauschalisierung leisten.