Nachhaltigkeitsbezogene Informationen gewinnen zunehmend an Bedeutung. Eine wesentliche Rolle spielt die Glaubwürdigkeit der Informationen, die durch eine externe Prüfung gestärkt wird. Das Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e.V (IDW) hat hierzu drei Entwürfe von IDW Prüfungsstandards veröffentlicht, die auch als Vorbereitung für die künftig verpflichtend vorgeschriebene Prüfung der Nachhaltigkeitsberichterstattung nach der CSRD dienen.
von Dr. Anja Schmitz-Herkendell
Nichtfinanzielle Berichterstattung und deren Prüfung – Status Quo
Um künftige Risiken und Chancen eines Unternehmens ganzheitlich zu bewerten, benötigen Investoren und Stakeholder ein vollständiges Bild nicht nur der finanziellen, sondern auch der nachhaltigkeitsbezogenen Informationen, zu denen beispielsweise die Auswirkungen und Folgen des Klimawandels, menschenrechtliche Sorgfaltspflichten oder Biodiversitätsaspekte zählen. In der europäischen Union waren grosse Unternehmen und Konzerne von öffentlichem Interesse mit mehr als 500 Mitarbeitern bereits seit dem Geschäftsjahr 2017 zur Abgabe einer nichtfinanziellen (Konzern-)Erklärung im (Konzern-)Lagebericht oder zur Erstellung eines separaten nichtfinanziellen (Konzern-)Berichts (nachfolgend auch: nichtfinanzielle Berichterstattung) verpflichtet. Diese umfasst mittlerweile auch Angaben nach der 2020 veröffentlichten sogenannten EU-Taxonomieverordnung darüber, wie und in welchem Umfang die Tätigkeiten des Unternehmens mit Wirtschaftstätigkeiten verbunden sind, die als ökologisch nachhaltige Wirtschaftstätigkeiten einzustufen sind.
Die nichtfinanzielle Berichterstattung unterlag bislang keiner inhaltlichen Prüfungspflicht. Der Abschlussprüfer war nur verpflichtet zu prüfen, ob die nichtfinanzielle Berichterstattung vorgelegt wurde. Dies schloss eine freiwillige inhaltliche Prüfung nicht aus. Viele Unternehmen beauftragten zur Erhöhung der Glaubwürdigkeit ihrer nichtfinanziellen Berichterstattung bereits seit Jahren Wirtschaftsprüfer mit einer inhaltlichen Prüfung. Sofern die Prüfung der nichtfinanziellen Berichterstattung nicht im Rahmen der Abschlussprüfung erfolgte, wurden diese Aufträge in der Regel auf der Grundlage eines vom internationalen Standardsetter IAASB herausgegebenen generischen Standards durchgeführt. Sofern die Prüfung der nichtfinanziellen Berichterstattung im Rahmen der Abschlussprüfung erfolgte, wurden diese Prüfungen auf Grundlage eines IDW Prüfungsstandards zur Prüfung des Lageberichts durchgeführt, der internationale Standard wurde oft als Orientierungshilfe bei bestimmten Fragen hinzugezogen. Das IDW hat im Jahr 2022 drei Entwürfe von Prüfungsstandards zur inhaltlichen Prüfung der nichtfinanziellen Berichterstattung veröffentlicht, um den deutschen Berufsstand der Wirtschaftsprüfer bei der Durchführung dieser Prüfungen zu unterstützen und auf die von der EU vorgegebene, künftige Prüfungspflicht der Nachhaltigkeitsberichterstattung vorzubereiten. Diese umfassen
die Prüfung einer im Lagebericht enthaltenen nichtfinanziellen Erklärung im Rahmen der Abschlussprüfung
die Prüfung der nichtfinanziellen Berichterstattung ausserhalb der Abschlussprüfung, und zwar mit
hinreichender bzw.
begrenzter Sicherheit.
Grundzüge der IDW Prüfungsstandards zur Prüfung der nichtfinanziellen Berichterstattung
Anwendung von etablierten Standards
Alle drei Prüfungsstandards bauen auf den oben erwähnten, etablierten Standards auf und konzentrieren sich auf die Besonderheiten bei der inhaltlichen Prüfung der nichtfinanziellen Berichterstattung.
Prüfungsgegenstand und Prüfungssicherheit
Voraussetzungen für eine Prüfung der nichtfinanziellen Erklärung im Rahmen der Abschlussprüfung sind u.a., dass
die nichtfinanzielle Erklärung in den Lagebericht aufgenommen und
vollumfänglich mit hinreichender Sicherheit geprüft wird.
Ausserhalb der Abschlussprüfung ist demgegenüber auch die Prüfung von nur Teilen der nichtfinanziellen Berichterstattung denkbar, sofern die Nichteinbeziehung von Teilen oder einzelnen Angaben in die Prüfung nicht zu irreführenden Informationen führt. Der Wirtschaftsprüfer darf ferner keine Kenntnisse ausser Acht lassen, d.h. sofern ihm wesentliche falsche oder irreführende Informationen bzw. Prüfungshemmnisse während der Prüfung bekannt sind oder werden, darf er den Umfang der Prüfung nicht im Nachhinein anpassen.
Die Prüfung ausserhalb der Abschlussprüfung kann zudem wahlweise mit hinreichender oder begrenzter Sicherheit beauftragt werden. Die Prüfungstiefe im Fall hinreichender Sicherheit ist deutlich höher als im Fall der Prüfung mit begrenzter Sicherheit, was sich auch im Prüfungsurteil niederschlägt.
Informationskategorien
Alle drei Standardentwürfe definieren Informationskategorien, anhand derer die Prüfung strukturiert wird. In der nachfolgenden Grafik stellen die grauschattierten Kästen die Informationskategorien dar:
Prüfungsurteil
Der Bestätigungsvermerk enthält traditionell ein Urteil zum (Jahres- oder Konzern-)Abschluss und zum (Konzern-)Lagebericht. Der Standardentwurf zur Prüfung im Rahmen der Abschlussprüfung sieht nun ein eigenständiges Urteil zur nichtfinanziellen Erklärung vor, d.h. das Prüfungsurteil im Bestätigungsvermerk besteht in diesem Fall aus drei Teilen. Der Abschlussprüfer gibt das Urteil zur nichtfinanziellen Erklärung sowohl zur Übereinstimmung mit den einschlägigen deutschen gesetzlichen sowie den europäischen (d.h. Art. 8 EU-Taxonomieverordnung und den dazu erlassenen delegierten Rechtsakten) Vorschriften und den von den gesetzlichen Vertretern der Gesellschaft in der nichtfinanziellen Erklärung dargestellten konkretisierenden Kriterien ab.
Erfolgt die Prüfung ausserhalb der Abschlussprüfung mit hinreichender Sicherheit, wird grundsätzlich das gleiche Prüfungsurteil zur nichtfinanziellen Berichterstattung abgegeben wie im Bestätigungsvermerk. Im Fall der Prüfung mit begrenzter Sicherheit gibt der Prüfer ein negativ formuliertes Urteil ab. Dieses kann beispielsweise lauten: «Auf der Grundlage der durchgeführten Prüfungshandlungen und der erlangten Prüfungsnachweise sind uns keine Sachverhalte bekannt geworden, die uns zu der Auffassung gelangen lassen, dass die beigefügte nichtfinanzielle Berichterstattung […] nicht in allen wesentlichen Belangen in Übereinstimmung mit den einschlägigen deutschen gesetzlichen und europäischen Vorschriften sowie mit den von den gesetzlichen Vertretern der Gesellschaft dargestellten konkretisierenden Kriterien aufgestellt worden ist».
CSRD
Die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) ist am 05.01.2023 in Kraft getreten. Sie sieht künftig eine Prüfungspflicht der Nachhaltigkeitsberichterstattung vor, zunächst mit begrenzter Sicherheit. Grundsätzlich ist eine Prüfung der Nachhaltigkeitsberichterstattung durch den Abschlussprüfer des Unternehmens vorgesehen. Die CSRD enthält indes ein Wahlrecht, nachdem die Mitgliedstaaten auch andere Wirtschaftsprüfer oder sogenannt unabhängige Erbringer von Bestätigungsleistungen unter engen Voraussetzungen für die Prüfung zulassen können. Der deutsche Gesetzgeber hat bis Mitte 2024 Zeit, die Richtlinie in deutsches Recht umzusetzen. Eine wesentliche Frage besteht darin, ob in Deutschland neben dem Abschlussprüfer auch andere Anbieter zugelassen werden. Dabei ist der Abschlussprüfer der bestgeeignete Prüfer für die Nachhaltigkeitsberichterstattung: Die Durchführung qualitativ hochwertiger Prüfungen, unabhängig davon, ob sie finanzielle oder nachhaltigkeitsbezogene Informationen zum Gegenstand haben, setzt das Vorhandensein von prüfungsspezifischem Fachwissen ebenso voraus wie eine etablierte qualitätssichernde Infrastruktur. Diese beiden Voraussetzungen werden ausschliesslich vom Berufsstand der Wirtschaftsprüfer erfüllt. Indes ist nur der Abschlussprüfer mit den Besonderheiten des jeweiligen Unternehmens, seines Geschäftsmodells und seiner Branche (einschliesslich des regulatorischen Umfelds) vertraut.
Zu weiteren Fragen, die im Rahmen der Richtlinienumsetzung mit Bezug auf die Prüfung der Nachhaltigkeitsberichterstattung zu klären sind, zählen beispielsweise der Umfang der Prüfung in Bezug auf die Systeme des zu prüfenden Unternehmens und die Frage der Integration des Vermerks über die Prüfung in den Bestätigungsvermerk.
Das IDW erarbeitet derzeit einen Prüfungsstandard zur Prüfung der Nachhaltigkeitsberichterstattung nach der CSRD. Der IAASB entwickelt parallel einen internationalen Standard unabhängig von der CSRD, dessen Entwurf voraussichtlich im Sommer 2023 veröffentlicht wird.
Dr. Anja Schmitz-Herkendell
ist Fachreferentin und Vorstandsassistentin beim IDW. Ihre Themenschwerpunkte sind neben der Prüfung insbesondere Fragen zur Regulierung der Abschlussprüfung.