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Interview zu Orientierung, Beständigkeit und Vertrauen in unsicheren Zeiten bei der Emmi Group

von Christian Hoffmann mit Markus Abt (Head of Corporate Communications, Emmi Group)

Das Reporting-Umfeld ist turbulent. Auch für ein Traditionsunternehmen wie Emmi. Umso wichtiger ist es, den Anspruchsgruppen verlässlich und perspektivisch zu vermitteln, für was das Unternehmen steht. Klare Werte und klare Narrative stiften dabei Vertrauen – auch bei der Geschäftsberichterstattung.

Inwiefern sind zunehmende Unsicherheiten eine Herausforderung für die Kommunikationsfunktion?

Es gibt einen Grund, warum das Stichwort VUCA – Volatility, Uncertainty, Complexity, und Ambiguity – in aller Munde ist. Die Wucht und Dramatik dieser Entwicklung hat man in den vergangenen Monaten im Covid-Umfeld wirklich gespürt. Es hat uns alle aufgerüttelt, wie schnell sich fundamentale Rahmenbedingungen verändern können. Die Digitalisierung ist dabei natürlich eine uns beständig begleitende, durch die Pandemie aber deutlich akzentuierte Herausforderung.

 

Welche Bedeutung spielen diese Unsicherheiten für Emmi?

Der Zeithorizont, in dem man mit einer gewissen Verlässlichkeit Entwicklungen prognostizieren kann, wird kürzer. Geschäftsfelder und Märkte verändern sich schneller, erfahren schneller auch mal eine Disruption – sei es durch neue Anbieter, neue Geschäftsmodelle oder beides. Gerade etablierte Unternehmen, deren DNA nicht in der digitalen Welt liegen, müssen sich hier gut aufstellen. Im Falle von Emmi sind Trends in der Ernährung sowie neue Konsum- und Einkaufspräferenzen starke Treiber von Veränderung.

 

Können Sie feststellen, dass spezifische Stakeholder-Beziehungen besonders durch diese Unsicherheit betroffen sind?

Im Kern betrifft es alle relevanten Anspruchsgruppen. Im vergangenen Jahr standen bspw. der Schutz der Mitarbeitenden und der Erhalt unserer Lieferfähigkeit stark im Mittelpunkt. Während wir den Wechsel zur digitalen und agilen Zusammenarbeit im Management- und Verwaltungsbereich gut hinbekommen haben, waren damit aber neue Herausforderungen verbunden: Wie erhält man eine Unternehmenskultur bei flexibler, mobiler Arbeit, wie fördert man hybride Arbeitsmodelle? Auch der Austausch mit externen Anspruchsgruppen hat sich nochmals beschleunigt. Die Möglichkeiten und Themen und damit unser Ökosystem sind noch vielfältiger geworden. Unsere Aufgabe bleibt es, dabei den Durchblick zu behalten und verlässlich dafür zu sorgen, das Vertrauen in Emmi, unsere Marken und Produkte zu stärken.

 

Wie kann die Unternehmenskommunikation auf zunehmende Unsicherheiten reagieren?

Es braucht mehr denn je eine klare Positionierung, klare Narrative, und auch klare Werte sowie Haltungen. Das schafft Orientierung und Beständigkeit – und fördert auch Vertrauen. Mitarbeitende und Teams müssen heute flexibel und selbständig arbeiten können, das Unternehmen muss sie dazu befähigen und inspirieren. Klare Werte geben dabei eine Leitlinie vor, an der sich alle orientieren können. Eine Vision mobilisiert das Unternehmen, menschenzentrierte Führungsprinzipen befähigen Teams, sich gegenseitig in der Realisierung dieser Vision zu vertrauen.

 

Viele sprechen vom „Corporate Purpose“. Braucht es ihn also, um in der Mitarbeiterführung mehr Freiheiten gewähren zu können?

Ob nun jedes Unternehmen einen „Purpose“ braucht... Wir investieren jedenfalls viel Zeit und Energie, um die Sinnhaftigkeit unserer Tätigkeit aufzuzeigen und vermitteln zu können. Damit schaffen wir intern Inspiration und können für uns zentrale Anspruchsgruppen besser einbinden. Wie entscheidend dies ist haben die letzten Monate gezeigt. Und hier spielt die Kommunikation natürlich eine zentrale Rolle.

 

Wie verändert sich durch diese Schwerpunkte die Arbeit in der Unternehmenskommunikation?

Es ergeben sich Verlagerungen in der Bedeutung von Aufgabengebieten und damit auch Verschiebungen bei Ressourcen und Kompetenzen. Ich denke etwa an verstärkte Investitionen in Leadership- und Online-Kommunikation. Oder auch in die Nachhaltigkeitskommunikation. Hier wird die Themen- und Aufgabenpalette breiter – auch in der Nachhaltigkeitsberichterstattung inkl. ESG-Reporting. Auch die externen Anforderungen in diesen Bereichen nehmen spürbar zu.

 

Damit sind wir beim Reporting. Inwiefern kann der Geschäftsbericht hier einen Beitrag leisten? Und muss er dafür enger an die Unternehmenskommunikation angebunden sein?

KZ: Wir arbeiten mit einer PDF-Version. Das PDF ist die Basis für die Druckversion. Es wird aber auf Grund der Regelung, die es zur Hauptversammlung gibt, als Erstes das PDF auf der Website veröffentlicht. Daraus wird dann die Druckversion gemacht, die unterscheidet sich aber nicht von dem PDF-Bericht, der online steht.

 

MK: Wenn Sie den Bericht mit anderen Unternehmen vergleichen: Wo sehen Sie Ihre Stärken und umgekehrt: Wo sehen Sie noch Luft nach oben, was wünschen Sie sich in Zukunft anders oder besser?

Wir arbeiten hier eng verzahnt und gestützt auf unsere Reporting Strategie mit klarer Zielgruppenpriorisierung. Wir wollen primär meinungsbildende Anspruchsgruppen ansprechen und den Content bedarfsgerecht zur Verfügung stellen. Darum ist es essentiell, auch hier unsere Strategie, unsere Vision und unsere Werte deutlich zu vermitteln. Die Narrative müssen konsistent sein, auch wenn sich die Financial Community natürlich primär für 'fast facts & numbers' interessiert. Insofern ist der Geschäftsbericht eine Mischung aus Pflicht und Kür. Er soll in einer konzertierten Form erklären, wie unsere Performance ausfällt, woran wir arbeiten und wohin wir wollen.

Wie breit ist denn das Stakeholder-Publikum, das der Emmi-Geschäftsbericht erreichen soll?

Über die Kernzielgruppe der Investoren und Meinungsbildner am Kapitalmarkt, wie Analysten und Medien, sprechen wir auch weitere Zielgruppen an. Es ist eben mehr als Pflicht. Wir stellen auf einen hybriden Ansatz ab und haben dieses Jahr erstmals auf eine Print-Version des Berichts verzichtet. Stattdessen haben wir einen Kurzbericht gedruckt den wir als eine Art Kurzportrait konzernweit für den Austausch mit diversen Stakeholdern nutzen.

Wir begannen mit zunehmenden Unsicherheiten. Wie kann die Berichterstattung diesen Unsicherheiten gerecht werden? Wie kann sie vielleicht sogar dabei helfen, Vertrauen zu stiften?

Da sind wir wieder bei Leadership. Diese definiert sich auch über Klarheit und Verlässlichkeit. Attribute, auf die ein Geschäftsbericht mit seiner hohen Glaubwürdigkeit und gestützt auf faktenbasierte Kommunikation ebenfalls einzahlen muss. Wenn sie auf dieser Plattform Klarheit vermitteln – klare Narrative, klare Werte, eine klare Vision –, dann vermittelt das Gewissheit, auf welcher Reise sich das Unternehmen befindet. Dazu gehören auch das Geschäfts- und Wertschöpfungsmodell. Mit Blick auf die Zukunft erklären wir was wir tun und wie wir es tun, aber eben auch, warum wir es tun und für wen. Das stiftet am Ende auch Vertrauen, und trägt selbst in einem turbulenten Umfeld zum Reputationsaufbau bei.

Dieses Interview wurde im Rahmen des Corporate Reporting Monitor 2021 geführt. Am 1. September 2021 fand das Webinar zur Präsentation der Schlüsslerkenntnisse statt. Jetzt das Executive Summary zur Studie bestellen!
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Markus Abt leitet seit April 2020 die Konzernkommunikation der Emmi Gruppe. Gemeinsam mit seinem Team kümmert er sich gezielt um den Reputations- und Vertrauensaufbau in das in 15 Märkten präsente Schweizer Unternehmen sowie dessen Marken und Produkte und die weitere Stärkung des Mitarbeiterengagements. Zuvor zeichnete er für die Kommunikation für Unternehmen in der Telekom- und Biotech-Branche bzw. zuletzt für das globale Lebensmittelgeschäft von Unilever verantwortlich.